nterview mit den Bandmitgliedern von Illusive Light:
Maximilian Höcherl, Sascha Brumm, Ludwig Böss, Mathias Rehfeldt und Adrian Ziegert (im Bild v.hl.n.vr.) beantworten zum dreijährigen Jubiläum ihres Albums „Insight“ Fragen zur Bandgeschichte, der Entstehung des Albums und ihren Gedanken zu „not just sad.“.
Das Interview wurde geführt von Alex Ranner.
Wie habt ihr als Band zusammengefunden?
Sascha: „Angefangen hat es mit Ludwig und mir. Wir haben schon davor in verschiedenen Projekten zusammengespielt.“
Ludwig: „Wir hatten den gleichen Gitarren-/Basslehrer, darüber kannten wir uns. Ich habe ihn dann angerufen und gemeint, dass ich einen Song in Richtung der Band Porcupine Tree geschrieben habe. Ich habe ihn gefragt, ob er Lust hätte daran mit mir zu arbeiten. Er ist mir dann fast durchs Telefon in die Arme gefallen. Mathias habe ich über Marina Schlagintweit über zwei Ecken empfohlen bekommen, wir haben uns sofort super verstanden. In einem Probenraum in einer Garage einer Fahrschule haben wir eine Zeit lang zu dritt geprobt. Dann haben wir Moritz, unseren ersten Schlagzeuger, gesucht. Der war circa ein Jahr dabei, inklusive Albumaufnahme. Als Moritz die Band verlassen hat, kam Adri zu uns. Adri und ich kannten uns über unsere Exfreundinnen. Moritz hat während seiner Zeit bei uns Maximilian als Sänger empfohlen. Wir hatten damals aber alle mehr das Gefühl, wir spielen für ihn vor. (Maximilian und Ludwig lachen) Wir waren alle echt krass nervös.“
Sascha: „Wir hatten davor auch schon einiges aufgenommen und auch Sänger gecastet, da war aber nie jemand passendes dabei.“
Maximilian: „Ich hatte eine halbe Stunde Kaffeepause bei einem anderen Projekt und bin dann schnell rüber zum Vorsingen. Für mich war‘s richtig cool, weil ich aus den Bereichen Jazz und Klassik komme und davor keine Berührungspunkte mit Sachen wie Porcupine Tree und dem Style hatte. Vor allem vom Feeling und der Energie war Illusive Light eine großartige Ergänzung zu meinem bestehenden Repertoire.“
Mathias: „Illusive Light hat auch bei mir eine große Wirkung auf mein berufliches Leben gehabt, weil ich in der Band die progressive und viel gewagtere Musik so richtig kennen gelernt habe. Meine Orgelprojekte sind quasi als direktes Ziehkind daraus entstanden.“
Wann kam der Plan, dass ihr ein Album aufnehmen wollt?
Sascha: „Das war von vorne herein geplant.“
Ludwig: „Wir hatten immer wieder Sachen aufgenommen, noch bevor die Band komplett fertig war. Mathias als Filmmusiker hat mit seinem technischen Hintergrund alles produzieren können und hat die Songs auch schon bereits so geschrieben und aufgenommen, dass sie quasi fertig waren und wir zu den Songs proben konnten.“
Sascha: „Jeder hatte die Möglichkeit etwas beizutragen und die Songs sind dann natürlich im Probenprozess noch weitergewachsen.“
Maximilian: „Was auch dadurch passiert ist, dass wir aus so vielen verschiedenen Musikrichtungen kamen.“
Was haltet ihr davon, dass euer Album in einem Theaterstück verwendet wird?
Adri: „Der feuchte Traum eines jeden Musikers!“ (lacht)
Maximilian: „Das ist ein Geschenk! Du schickst deine Musik so in den Äther und weißt nicht was danach damit passiert oder wie es ankommt. Umso größer ist die Ehre, wenn dein Schaffen so verarbeitet wird. Ich weiß außerdem nicht, wie viele Bands von sich behauptet können, dass ihr Album mit ein Grundstein für ein Theaterstück war. Das ist so schön zu sehen, dass das ankommt, so einen Eindruck macht und so viel nach sich zieht.“
Sascha: „Es ist eine Bestätigung für das Album, dass das Konzept und die Gefühlsebenen des Albums ausreichen, um ein Stück so zu stützen und dramatische Kurven zu inspirieren.“
Ludwig: „Da sind so viel Energie und Zeit von euch eingeflossen, das ist wirklich beeindruckend. Und auch, dass du mit uns geteilt hast, was das Album für dich bedeutet, hat für uns enormen Wert und ich bin dir sehr dankbar für alles.“
Wie sind euer Konzept und eure Texte entstanden?
Sascha: „Ludwig und mir war relativ früh klar, dass wir in Richtung Konzeptalbum gehen wollen. Am Ende kam das Konzept hauptsächlich über die Texte und die Puzzleteile haben sich dann nach und nach zusammengesetzt.“
Maximilian: „Sascha hat seine Texte mitgebracht und ich habe ebenfalls viel geschrieben. Aus Sängersicht ist es ja doch nochmal etwas anderes. Deshalb habe ich versucht, bestimmte Stellen in allen Songs in Bildern zusammenzufassen, da man doch gerne versucht, zu viel zu sagen oder die Botschaft zu lang zu machen.“
Ludwig: „Ich habe meine Sachen immer gerne an Maximilian abgegeben, da er super Texte schreibt. Er hat immer den Ton oder das Thema getroffen.“
Wie steht ihr zum Thema Depressionen?
Sascha: „Adri und ich haben Psychologie studiert, dadurch haben wir uns viel damit beschäftigt. Ich finde es ein spannendes Thema, was Musik für einen Einfluss haben kann. Es gibt verschiedene Theorien, warum gerade melancholische Musik so vielen Leute gut tut. Viele behaupten, und da stimme ich zu, dass man sich dadurch auf einer gewissen Ebene verstanden fühlen kann.“
Adri: „Bei psychischen Störungen habe ich oft gehört, dass das Schwierigste ist, die Vorgänge in jemandem nachzuvollziehen. Wenn Künstler ihre Werke so gestalten können, dass man auch nur ein stückweit eine Idee davon bekommt, was in so jemandem vorgeht, finde ich das unglaublich wertvoll und beeindruckend.“
Maximilian: „Viele aus meinem Freundeskreis haben zwischen 20 und 30 eine stressige, persönlichkeitsbildende – und manchmal davor zerstörende – Zeit durchgemacht. Man beschäftigt sich zwar viel mit sich selbst, wenige sprechen jedoch drüber, vor allem Männer. Das finde ich ein großes Manko. Umso besser finde ich, wenn man sich damit auch öffentlich auseinandersetzt.“
Sascha: „Es wird ja oft als Standard angesehen, dass man glücklich sein muss und dadurch sämtliche negative Gefühle extrem abstößt. Ich denke, dass das auf vielen Ebenen Probleme erzeugt. Aber wir kommen immer mehr dazu, solche Gefühle auch mal anzunehmen und zu sehen, dass man damit nicht alleine ist“
Ludwig: „Wir sind zwar so jetzt erstmal alle gut drauf, haben aber auch jeweils eine ruhige, reflektierte Seite, die in der Melancholie der Musik herauskommt und wodurch sich die Verbindung zum Stück anbietet.“
Hattet ihr Bedenken, dass beim Bearbeiten durch uns etwas schief gehen könnte…
Maximilian: „Keine Sekunde!“
…zum Beispiel weil ihr, außer Ludwig, die Gruppe nicht kanntet und auch nicht wusstet, was wir genau damit machen?
Adri: „Guter Punkt!“ (lacht)
Ludwig: „Ich kann nur für mich sprechen, da wir uns ja schon lange kennen. Was mir am wichtigsten ist, ist dass das jemand ernst nimmt. Und da wusste ich bei dir, dass du das machst. Dadurch wusste ich auch, dass das hervorragend wird.“
Maximilian: „Da ist bei dir schon so viel Vorarbeit passiert, da war direkt eine gewisse Sicherheit da. Ich habe mir da ehrlich keine Gedanken gemacht. Ich mein, wenn da jemand kommt und dich als Band frägt, ob er dein Album verwenden darf, war das ja nicht einfach eine Impulsentscheidung. Da ist schon so viel Herzblut reingeflossen, dass das nicht schlecht werden kann.“
Sascha: „Das ist immer noch ein künstlerisches Werk, das etwas inspiriert und Interpretationsspielraum lässt. Ich find es super spannend zu sehen, wie sowas gesehen, gehört und gefühlt wird.“
Auf welche Schwierigkeiten seid ihr beim Aufnehmen von Insight gestoßen?
Sascha: „Man unterschätzt dann doch mal gerne, wie perfekt vorbereitet man fürs Studio sein muss. Da hat man nochmal größeren Respekt vor der Leistung von Studiomusikern, die vielleicht einen Tag vorher ihre Noten bekommen und das dann einfach so runter spielen können.“
Ludwig: „Auch die Konzentration halten war über die insgesamt 6 Tage mit bis zu 8 Stunden Aufnahme eine echte Herausforderung.“
Maximilian: „Du suchst im Studio gern mal nach einer Perfektion, die du so im Live-Setting gar nicht brauchst. An manchen Stellen sitzt man ewig, weil eine Kleinigkeit nicht passt. Alle sind zwar geduldig in diesen Momenten, da man dann auch mal auf der anderen Seite sitzt. Das kostet aber trotzdem alle Kraft, weil wir das Ziel hatten, dass das Album gut werden soll.“
Sascha: „Es war auch schwer zu entscheiden, welche Songs man noch reinnimmt, damit die Struktur passt, das Album die richtige Länge hat und die Studiozeit ausreicht. Die Grundidee war, dass jeder 1-2 Songs aufs Album bringt. Wir hatten auch noch 2-3 Songs mehr, die im Prinzip gepasst hätten und da einen Kompromiss zu finden, war hart.“
Maximilian: „Es wird dann stellenweise ein sehr technischer Prozess, zu dem auch nicht immer alle gleichzeitig da sein können, um Feedback und Entscheidungen mitzugestalten.“
Hört ihr euch das Album manchmal noch an?
Sascha: „Immer mal wieder ja! Ich hab‘s letztens sogar nochmal durchgespielt, das ist schon sportlich.“
Maximilian: „Das habe ich im Auto auch vor kurzem gemacht.“
Ludwig: „Es ist schön, da auch mit ein bisschen Abstand drauf schauen zu können und die Zeit schätzen zu können mit Hilfe des Albums.“
Adri: „Ich ärger mich echt, dass ich bei der Aufnahme nicht dabei war!“
Wie war es für dich in die Band später einzusteigen, Adri?
Adri: „Ich fand es sehr cool! Für mich waren so Sachen wie die ungewöhnlichen Taktwechsel nicht neu, der Stil an sich aber schon. Das Album ist ja auch sehr tiefschichtig. Die Musik hat ganz viele Lagen, was mich auch letztendlich überzeugt hat auch mitzumachen. Live war dann die Technik mit Backing Track deutlich komplexer als ich es gewohnt bin. Man musste echt aufpassen, sonst wären einem die Songs schnell mal um die Ohren geflogen.“
Maximilian: „Du hast aber von Anfang an voll geliefert!“
Ludwig: „Und so geil! Er ist ein technischer sehr versierter Drummer. Was mir aber am meisten Spaß gemacht hat, war Adri auf der Bühne zuzuschauen. Der hat einfach Bock! Ich bin immer total gestresst bei Liveauftritten gewesen, dann dreh ich mich um zum Adri, seh wie er abgeht und dann ist auch bei mir alles ok. (lacht) Was ich auch krass fand, war wie leicht er aus seiner Komfortzone raus ist. Moritz hat sehr viel in Richtung Orchesterschlagzeug mitgebracht und Adri hat das so gemacht, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte.“
Warum hat sich Illusive Light getrennt?
Maximilian: „Der Initiator war wohl, dass ich auf Grund meiner anderen Verpflichtungen auf lange Sicht aussteigen musste.“
Sascha: „Wir haben danach noch fleißig weiter gemacht. Aber dann war es auch für den Rest einfach zu viel mit den ganzen anderen Tätigkeiten in unseren Leben. Illusive Light war ein Herzblutprojekt. Wir haben das Glück, alle eine gute Ausbildung zu haben, die einfach massiv Zeit beansprucht. Und bei Maximilian und Mathias waren es dann als Profimusiker auch einfach zu viele Projekte auf einmal. Es ist ein bisschen so als würdest du eine Beziehung mit fünf Menschen gleichzeitig führen.“
Adri: „Wir haben nur noch so selten proben können, vor allem am Ende eines Studiums ist das verständlich.“
Sascha: „Wir konnten uns auch nicht entscheiden, ob wir regelmäßig oder projektbasiert proben sollen, da beides nicht wirklich funktioniert hat.“
Maximilian: „Man muss zu jedem Projekt, zu dem man ja sagt, zu fünf anderen Projekten nein sagen, auch wenn es schwerfällt.“
Ludwig: „Wir hätten deutlich mehr Zeit und Geld investieren müssen für die Ansprüche, die wir hatten… und das konnten wir leider nicht mehr, so gerne wie wir es gemacht hätten. Am Ende ist aber nie böses Blut geflossen, wir verstehen uns auch heute immer noch super. Ich finde es schön, dass wir unser Album aufgenommen haben, das hab ich mein ganzes Leben lang.“
Mathias: „Um das Abzurunden und nicht so traurig aussehen zu lassen, dass es uns nicht mehr gibt, glaub ich, dass die Zeit und das Album bei uns allen einen wahnsinnigen Impact auf alles weitere Arbeiten hatten, mir persönlich neue Welten geöffnet und viel Neues gezeigt haben, was ich weiterverwendet hab und immer noch verwende.“
Was macht ihr heute?
Ludwig: „Ich studiere Astrophysik im Master. Dort bin ich durch Programmieren auch in der Kreativität ausgeglichen und werde das auch hoffentlich machen, bis ich ins Grab falle.“
Maximilian: „Ich habe Musik zu meinem Beruf gemacht. Ich bin Teil von vielen Projekten, die in verschiedene Richtung gehen, hauptsächlich aber Jazz und Pop. Außerdem unterrichte ich Gesang.“
Sascha: „Ich habe meinen Master in Umweltpsychologie gemacht, war viel unterwegs, unter anderem in Korea. Ich werde das auch weiter als Berater machen. Musik hat mich dabei immer begleitet und ich merke auch, wie wichtig das als Ausgleich ist.“
Adrian: „Bei mir wurde Musik leider immer weniger durchs Studium, aber ich bin in einer Band, die mir ganz wichtig ist. Die heißt Pepperella. Dort sind wir auch sehr ambitioniert am Werk, wodurch wir auch manchmal einfach nicht so schnell sind. Aber wir produzieren fleißig CDs und Alben und ich habe auch weiterhin vor, das auch nach meinem Studium weiter zu machen, da ich doch merke, wie sehr ich ohne Musik auf Entzug bin.“
Mathias: „Beruf und Hobby sind bei mir da sehr verschwommen, ich mach eigentlich nix anderes als Musik. Da sind viele Projekte dabei, wie der Film Walpurgisnacht im ZDF, in denen ich die Elektroschiene aus Illusive Light weiter so fahren kann. Auch meine Alben Dark Matter und Tundra sind meine Weiterführung von dem, was wir in der Band gemacht haben.“
Weiter Infos zu den aktuellen Projekten findet ihr unter:
Maximilian Höcherl (Sänger): http://www.maximilianhoecherl.de/
Mathias Rehfeldt (Klavier): http://mathiasrehfeldt.com/
Adrian Ziegert (Drums): https://www.pepperella.de/
Sascha Brumm (Bass): https://www.youtube.com/watch?v=6BZVMI6iKhE